Mord im Pfarrhaus

„Hab ich Dich“, freute sich Pastor Paul vom bierseligen Paulaner Ordinariat. Süffisant und mit einer wahrlichen Engelsgeduld angelte der Gottesmann nach einem verirrten Früchtchen in seinem heiligen Kelch. „Wie nur kommt diese Olive in mein Weißbierglas?“, ereiferte sich Pastor Paul. „Das setzt ja dem Fass die Schaumkrone auf, die nach jedem Schluck in sich zusammenfällt.“ Übrig blieb ein schrumpeliges kleines Olivchen, das der Pfarrer nun vor dem Ertrinken im pfarrhauseigenen Bierkelch gerettet hat, eine wahrhaft segensreiche Begebenheit.

Diese gute Tat eignet sich vortrefflich für die nächste Sonntagspredigt, dachte sich Pastor Paul, und so verkündete er frohgemut die göttliche Botschaft. „Jeder noch so geschrumpelte Fremdkörper ist in unserem Tempel willkommen, so auch dieses kleine geschrumpfte Olivchen. Lasst uns ein Olivenbäumchen pflanzen, damit sie sich vermehren.“

„Aber bittschön nicht in meinem Maßkrug“, schimpfte lauthals der Bierlinger Sepp. „Wir möchten unsere Kastanien weiterhin unter heimischen Kastanienbäumen aus dem Feuer holen. Da hat kein noch so kleines Olivenbäumchen Platz.“ Pastor Paul gab jetzt auch noch seinen bayrischen Senf dazu, mit der deutlichen Bemerkung, das Paradies sei inmitten von herrschaftlichen Kastanienbäumen auf geheiligtem bayrischem Boden gegründet worden.

Jetzt platzte dem heißblütigen Italiener Giovanni sein korrekt sitzender Stehkragen: Er betrieb gleich neben dem Paulaner Ordinariat seine Pizzeria Olivia, und seine Wortspitzen trafen zielgenau in jedes noch so christliche Herz. „Euer bayrisches Everl hat der Herrgott schon vor zweitausend Jahren aus dem Paradies vertrieben, weil die Dirn verbotenerweise vom verdorbenen Apfelbaum genascht hat. Der gutmütige Adam musste jahrtausendelang als Sündenbock herhalten Er wurde im Lauf der Zeit wohl unzählige Male als Lammkotelett angepriesen und geopfert.“

Giovanni schaute nun tief in die zusammengekniffenen Äuglein vom Pastor Paul, der vor Scham beinahe abendrötlich erglühte. Wollte er den Pfarrer hypnotisieren? Zumindest wollte er dem scheinheiligen Paulus einige unangenehme Fragen stellen und ihm auch Worte der Wahrheit entlocken „Schwörst Du bei Gott, dass du, Bruder Paul, niemals nicht die von dir so hoch gelobten, willkommenen weiblichen Fremdkörper in deinen christlichen Liebestempel geladen hast, ohne dich zu versündigen?“ Pastor Paul zuckte nur mit den Achseln und entgegnete beinahe trotzig: „Diese Frage kann und werde ich nur meinem obersten Richter beantworten. Hier auf Erden gilt das Beichtgeheimnis.“

In diesem Moment hatte Pastor Paul wahrlich eine Erscheinung. Er dachte an die schönen Stunden mit Mary, die mit der Mutter Gottes nicht verwandt und nicht verschwägert war. Mit verklärtem Blick und entrückt von dieser Welt schaute er ein letztes Mal in ihre olivgrünen Augen, die er so liebte. Aus heiterem Himmel durchfuhr danach ein greller Blitz den Pastorenkörper. Paul sackte in sich zusammen, wie die Schaumkrone im Weißbierglas. „Hab ich dich“, freute sich der Herrgott, und angelte sich den Pastor Paul gezielt aus dem irdischen Sündenpool. Im Paulaner Ordinariat fragte man sich: War dieses Geschehnis ein von oberster Stelle angeordneter Pfarrhausmord? 

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